Mittwoch, 28. Dezember 2022

Weihnachten

2014. Mein schlimmstes Weihnachten. Es fiel einfach aus. Wir ließen es ausfallen. Ich erinnere mich an Kartoffelsalat mit Würstchen, und an eine Mitternachtsmesse, die wir besuchten. Ich wollte keine Geschenke. Es gab nur einen einzigen Wunsch, den mir niemand würde erfüllen können. Alles fühlte sich dunkel und sinnlos an. Mein Leben war ein einziger Albtraum.


2022. Ich liege im Bett und fühle mich so zufrieden. Neben mir schnarchen leise Mann und Kind. Ich denke an das Weihnachten von 2014 zurück, und es fühlt sich an wie ein anderes Leben. 8 Jahre liegen dazwischen. Ein anderer Mann, ein weiteres Kind. Ich finde es völlig irre, wie viel Glück ich in all dem Unglück hatte. Bin dankbar, SO dankbar, dass ich auch in der tiefsten Dunkelheit eine leise Ahnung spürte, dass das Leben noch ganz viel schönes für mich bereit halten würde. Denn das tat es. Aber konnte ich das wirklich wissen? 2014 definitiv nicht. 

Sonntag, 4. September 2022

8 Jahre

Meine kleinen Schätze.

In wenigen Stunden würdet ihr euren 8. Geburtstag feiern. Meine kleinen Jungs wären langsam schon richtig große Jungs!

Vielleicht fändet ihr Star Wars cool oder Ninjago oder Minecraft, wahrscheinlich bin ich damit gar nicht mehr up to date und es gibt schon viel heißeren Scheiß! (Ja, Mama hat Scheiß gesagt :D)

In mir toben gerade so viele Emotionen, die ich gar nicht sortiert bekomme.

Das erste Babyjahr mit eurer Schwester ist um, dumeinegüte, ich kam wenig zum Luftholen und Innehalten und erst recht nicht zum Blogpost schreiben.

Dabei hätte ich so viel zu erzählen gehabt. Die ersten Todestage mit lebenden Baby "nebenbei" waren so so krass, ich konnte das gar nicht aushalten. Mit Baby auf dem Friedhof vor eurem Grab zu stehen, dann die Vorstellung, auch sie verlieren zu können. 

Diese Angst wird mir wohl bleiben, wie oft ich nachgeschaut habe, ob sie noch atmet, wie unent- und verspannt ich bin...

Dabei ist es auch einfach wahnsinnig schön mit ihr, und sie wahnsinnig niedlich und wundervoll. Ihren 1. Geburtstag auszurichten hat so viel Spaß gemacht, ihr einen kleinen Kuchen zu backen, sie vor Freude quietschen zu sehen über die toll geschmückte Wohnung, die Geschenke auspacken zu lassen... 

Die Girlanden hängen noch, das "Happy Birthday"-Banner. Wir hatten überlegt abzuschmücken, aber irgendwie fand ich es doof an eurem Geburtstag wieder alles normal zu haben. Jetzt schaue ich ihren Ballon an, der immer noch so schön an ihrem Hochstuhl hängt, und spüre den bitteren Beigeschmack. Die riesige Kluft, zwischen ihrem und eurem Geburtstag.

Morgen werde ich keinen Kuchen backen, kein Geschenk ein- oder auspacken. Keine Vorfreude spüren, keine Kleidung aussuchen, die ihr anziehen könntet. Euch kein schönes Frühstück machen und den ganzen Tag um euch rumschlawenzeln, weil ihr ja Geburtstag habt und ich euch dauernd abknuddeln muss.

Ich möchte mit Tante F. (und der kleinen M.) wieder morgens zu eurem Krankenhaus, in der Nähe frühstücken und noch zu eurem Grab fahren.  

Was für ein Kontrastprogramm. Vielleicht kein Wunder, dass ich das in meinem Kopf nicht richtig klar bekomme. 

Ich denke so sehr an euch, ihr kleinen Mäuse. Und hab auch so unendlich lieb! Seid geknuddelt und geknutscht, durch alle Welten hinweg.

Freitag, 10. September 2021

7 Jahre

Meine kleinen Lieblinge.

Am 5. September wärt ihr nun schon 7 Jahre alt geworden. Eure Mama hat so viel an euch gedacht an diesem Tag. Und ich wäre so gern zu euch auf den Friedhof gefahren.

Stattdessen war ich morgens mit M. in eurer Klinik. Mit eurer kleinen Schwester, zur Kontrolle beim Kinderarzt.
Am 31. August wurde sie geboren. Ich bin mir ganz sicher, dass ihr uns begleitet habt.
Diesmal habe ich alles mitbekommen. Ein geplanter Kaiserschnitt, ganz komplikationslos.
Morgens früh in die Klinik gefahren, OP-Vorbereitung, Spinalanästhesie, und gefühlt 2 Minuten nach Beginn der erlösende erste Schrei.

Ich kann mein Glück seitdem kaum in Worte fassen. Und obwohl ich es immer schwierig finde, bei Folgekindern davon auszugehen, dass "jetzt ja alles gut ist", erfahre ich gerade sowas wie Heilung.

Euer Schwesterchen ist ein echter Goldschatz. Nörgelt nur wenn es mit dem Essen nicht schnell genug geht, wir Eltern uns bei den Wickelunfällen unmöglich anstellen oder sie von Bauchweh geplagt wird. Ansonsten liegt sie eigentlich die meiste Zeit zufrieden auf uns herum und schläft.

Und gleichzeitig bricht es mir einmal mehr das Herz, dass ich diese wundervolle erste Zeit, dieses magische, intuitive, kosmische Band zwischen Eltern und Baby, so mit euch nie erleben durfte.
Euch halten, angucken, knutschen und knuddeln konnte, wann immer ich wollte.

Ich hab euch alle drei so wahnsinnig lieb, dass mich oft der bloße Anblick der kleinen M. zu Tränen rührt. (Okay, und die Hormone wahrscheinlich.)

Ich hoffe, ihr freut euch mit ihr und uns, und schicke euch Küsse und Knuddler, wo auch immer ihr gerade seid!

In tiefer Liebe und Verbundenheit,
eure Mama

Freitag, 6. August 2021

August

Als ich ganz frisch schwanger war in diesem Jahr, gab es da dieses Gefühl: "Es wird ein August-Baby!"

Ich habe kaum zu hoffen gewagt, wirklich so weit zu kommen.

Nun bin ich mitten in der 35. Schwangerschaftswoche, und es ist August.

Würde sich das Kleine jetzt auf den Weg machen, wäre es vermutlich noch ein bisschen zierlich, aber ansonsten fertig.

Mein perfekter kleiner Mensch. Der Platz im Bauch ist mittlerweile begrenzt, meine meistgegoogelten Stichworte sind "schmerzhafte Kindsbewegungen!" und "zu wenig Kindsbewegungen?"

Die Kliniktasche ist vorbereitet, die Erstausstattung gewaschen, die Wickelkommode steht auch schon.

Ich hab große Angst, dass auf den letzten Metern noch was schief geht. Und gleichzeitig ist da eine wahnsinnige Freude. Die Vorstellung, in wenigen Wochen (tatsächlich zähle ich schon die Tage bis zur geplanten Sectio) die kleine Maus tatsächlich kennenlernen zu dürfen, sprengt meinen Horizont.

Letzte Nacht hab ich das erste Mal richtig bildlich von ihr geträumt. Sie hat den ganzen Tag verschlafen, und mir ist abends aufgefallen, dass ich sie nicht einmal gestillt habe. Ich hab sie dann geweckt, und sie war total quengelig. Sie hatte einen gestreiften Strampelanzug an, und ihre Haare waren dunkelblond und wenig zahlreich :-)

Sicherlich hat das auch damit zu tun, dass sie gestern wieder eine ruhigere Phase hatte. Wenn sie einen Wachstumsschub hat, schläft sie anscheinend viel. Obwohl ich das eigentlich schon kenne, bin ich jedes Mal von neuem beunruhigt.

Ich bin stolz auf sie, auf mich, auf meinen Mann, denn obwohl die letzten Wochen teils anstrengend und überfordernd waren, bekommen wir das alles doch ziemlich gut hin. 

Noch ein bisschen Geduld, und weiter guter Hoffnung sein.

Freitag, 18. Juni 2021

Gedanken zur Nacht, 2

Die bisher wärmste Nacht des Jahres.

Vom offenen Fenster kommt sowas wie frische Luft herein geweht.
Draußen von Ferne Gelächter. Wird der Markt etwa schon aufgebaut?
Möwen schreien sich an. Hätte nicht gedacht, dass ich mal Möwen mitten in der Stadt hören würde. Den Hafen mal ausgenommen.
In mir rumort es. Ich lege meine Hand auf meinen dicken Bauch. Auf die kleine Beule auf der linken Seite. Kopfnuss! Ich lächle.

Die Anspannung vor der nächsten Untersuchung steigt. Zu viele Geschichten in meinem Kopf, von späten Diagnosen, die ein gemeinsames Leben unmöglich machten. Vom plötzlichen Versterben im Bauch. Und dann erst die Geburt!
Meine Ansprüche sind gerade auf existenziellem Level. Wünsche mir nur eines: Baby lebt, ich lebe, M. lebt. Möglichst gesund und untraumatisiert.

Die Mopsmaus tritt mich.
Raus aus den düsteren Gedanken! Hallo, hier bin ich doch!! Lebendig und kräftig! Denk doch mal über mein Leben nach, nicht über meinen Tod, menschenskinnernochmal.

Ich lege meine Hand enger um meinen Bauch. Alles wackelt. Ich wackle mit.

Dienstag, 18. Mai 2021

24. Woche

Der Umzug kam, sah und wurde bewältigt!

Nun wohnen wir schon etwas über einen Monat in der neuen Bleibe.

In einer Ecke des Wohnzimmers stapeln sich dekorativ leere Postpakete - während einer Pandemie umziehen ist ja eher so mittel. Jeder Dübelerwerb will sorgsam geplant werden. Mal kurz ins Möbelhaus und eine neue Lampe aussuchen? Ach was!

So machten diverse Onlineshops den Umsatz ihres Lebens mit uns, ist ja auch schön (für die).

Ich bin mittlerweile in der 24. Woche angekommen. Mein Bauch ist gefühlt riesig und die kleine Mopsmaus darin macht sich schon ordentlich breit - kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie da bitte zwei kleine Rabauken drin Platz hatten.

Ansonsten ist die Zeit gerade toll und schwierig zugleich.
Die Lebensfähigkeit außerhalb des Mutterleibs ist offiziell erreicht, ein weiterer Meilenstein für mich!

Und - damit ist allmählich auch der Zeitraum erreicht, als Erik und Paul auf die Welt kamen.

Kaum vorstellbar, dass diese Schwangerschaft jetzt schon zu Ende sein könnte!
Ich freue mich gerade über jeden einzelnen Tag, der vergeht.
Und gleichzeitig versuche ich auch, die Beziehung zum Baby ganz intensiv zu pflegen. Die zarten Stupser sind schon zu ordentlichen Tritten geworden, der Papa hat auch schon von außen was abbekommen :)

Wir erzählen dem Bauch viel, streicheln und stupsen zurück. Nur vorsingen kann ich nichts. Das macht mich sofort traurig.

Insgesamt kann ich diese Schwangerschaft aber gut zu der letzten abgrenzen. Naja, sind ja auch knapp 7 Jahre Zeit vergangen. Nur wenn etwas blödes passiert (letzte Woche hatte ich zum Beispiel eine Blasenentzündung), bin ich sofort auf 180 und im Worst Case-Modus.

Habe jetzt einen Onlinekurs für sogenannte Regenbogenbabys angefangen (Folgeschwangerschaft nach Verlust). Mal schauen, wie das wird.

Auf "normalen" Schwangerschaftskram habe ich ansonsten gerade wenig Lust. Geburtsvorbereitungskurs, am besten mit lauter unbeschwerten Erstmamas, und das ganze wieder nur online, och nee.

Schwimmen wäre richtig toll, aber nope, ist ja auch noch alles dicht.

Aber so lese ich halt, spiele viel und gucke Netflix, Amazon und YouTube durch.

Wenn alles gut geht, werde ich so schnell keine Zeit mehr für solchen Tüdelkram haben.
Ich hoffe so sehr darauf!

Dienstag, 6. April 2021

2021

Hallo Blog, ich habe dich vermisst!

Wie im ganzen letzten Jahr gefühlt nur Stagnation war und dann 2021 mit gleich mehreren Knallern loslegte.

Die Chronologie der sorgsamen Jahresplanung meines Mannes und mir wurde direkt mal umgedreht, als ich im Januar einen positiven Schwangerschaftstest in meinen zitternden Händen hielt.

Sollte das in meinem Alter nicht viel länger dauern?! Gleichzeitig war mir der kleine Zellhaufen schon jetzt sympathisch, einfach so BÄM, hier bin ich!

Die Übernahme meines Mannes war dann auch noch mal eine Zitterpartie, und wir sahen uns schon verarmt mit Baby weiter in unserer kleinen Altbauwohnung sitzen.
In mir erwachte so ein trotziger Irrsinnsfunke, und wir intensivierten die Wohnungssuche noch einmal mehr.

Da standen wir also Ende Januar vor mehreren Wohnungen, ich mit Übelkeit und mein Mann mit Existenzängsten aus der Hölle.

Quasi zeitgleich erhielt er seinen Arbeitsvertrag, und wir eine Zusage für eine neue, größere Wohnung.

Und nächste Woche ziehen wir um!
Ich glaube es wahrscheinlich eh erst, wenn es soweit ist.

Mit dem Baby geht es mir ähnlich, und obwohl ich fast Halbzeit habe und der Bauch langsam nicht mehr zu übersehen ist, ist es immer noch surreal.
Ich hatte mich im März zu einem kleinen Eingriff entschieden, um die Schwangerschaft zu stabilisieren (wer es googeln möchte: Früher totaler Muttermundverschluss), damit mir nicht das gleiche passiert wie beim letzten Mal und der Muttermund sich zu früh und zu schnell öffnet.

Die äußeren Bedingungen sind jetzt aber auch andere: Es ist nur ein Baby, ich arbeite seit Wochen nicht mehr und mein tapferer Mann macht ungefähr alles, und ich liege nur herum und brüte.

Ob alles gut geht, weiß ich natürlich trotzdem nicht. M. sagt immer, richtiger als jetzt können wir es nicht machen.

Und obwohl ich wohl nie die strahlende, unbesorgte Schwangere sein werde, die ich gern wäre, und stattdessen die zottelige und ängstliche, freue ich mich unbändig über dieses kleine Wunder in mir, das bisher recht unbeeindruckt von dem ganzen äußeren Gewusel ist und fleißig wächst.

Ich stelle mir gern vor, wie seine kleine Seele noch etwas Zeit mit seinen großen Brüdern verbringt, bevor es dann bereit ist für den Trubel dieser Welt.

Ich hoffe, das Universum meint es weiterhin gut mit meiner kleinen Familie. 
Für den Moment bin ich einfach nur dankbar.